
Quelle: E&M / Katia Meyer-Tien
WINDKRAFT ONSHORE:
Bis zu 100.000 Euro pro Windrad für „Verschandelung“
Weil Windkraftanlagen das „Landschaftsbild beeinträchtigen“, müssen Projektierer für Ersatzmaßnahmen zahlen. Ausgerechnet das gegenüber Windkraft skeptische Bayern gewährt Rabatt.
Windkraft-Projektierer müssen eine „Ersatzzahlung für die Beeinträchtigung des Landschaftsbildes“ zahlen, wenn sie die angebliche
Verschandelung nicht durch bauliche Maßnahmen vermeiden. Da dies unmöglich ist - sie müssten geradezu einen Erdwall rund um
einen Windpark aufschütten - läuft das auf eine Zahlung heraus.
Die Regelung beruht auf dem Bundesnaturschutzgesetz. Die Kriterien und die Berechnungsformeln können allerdings in jedem Bundesland anders ausfallen. Das Geld kriegt in der Regel die Untere Landschaftsschutzbehörde, die damit anderweitig das Landschaftsbild pflegt.
Diese Ablasszahlung kann je nach „Schwere“ des landschaftlichen Eingriffs bis zu 100.000 Euro betragen, teilt der Landesverband Erneuerbare Energien (LEE) NRW auf Anfrage mit - pro Windrad, wohlgemerkt, und zusätzlich zum artenschutzrechtlichen Ausgleich. Es geht hier nur um das Landschaftsbild, das außerorts natürlich von allen Bauten irgendwie beeinträchtigt wird - Stromleitungen, Zementfabriken, Kieswerke und, und, und. Aber bei mehr als 50 Meter hohen Windenergieanlagen geht man „grundsätzlich“ von einer Beeinträchtigung aus, so die Fachagentur Wind und Solar, und heutige Typen sind bis zu 200 Meter hoch.
LEE nicht grundsätzlich dagegen, aber: zu hoch
Ausgerechnet im windkraftskeptischen Bayern gibt es seit Jahren einen Rabatt auf „Ersatzzahlungen für die Beeinträchtigung des Landschaftsbilds“, den etwa der Windenergieerlass im windkraftfreundlichen Niedersachsen nicht kennt. 75 Prozent Nachlass gibt es im Südosten, wenn Windkraftanlagen auf Flächen errichtet werden, wo sie raumordnerisch erwünscht sind. Das sind die „Vorranggebiete“ und die „Vorbehaltsgebiete“.
Der LEE Bayern begrüßt naturgemäß den Discountpreis. Er ist genauso wenig wie seine Kollegen in NRW grundsätzlich gegen die Ersatzzahlungen, aber dem bayerischen LEE sind sie sonst „grundsätzlich zu hoch“, so Landesgeschäftsführerin Ariane Lubberger auf Anfrage. Der Betrag berechnet sich im Freistaat ihr zufolge nach der Anlagenhöhe, nach der Zahl der Windräder - für Windparks gibt es Mengenrabatt - und nach dem landschaftlichen Wert der Umgebung.
Was die aktuelle Änderung in Bayern besagt
Jetzt hat der bayerische Umweltminister Thorsten Glauber (Freie Wähler) den Rabatt an eine Übergangszeit angepasst, in der die Planungsregionen bundesweit mehr Windenergieflächen ausweisen müssen. Das noch von der Ampel im Bund beschlossene Windenergiebedarfsflächengesetz will das so. Für Bayern sind das bis 2030 1,8 Prozent der Landesfläche. Außerdem wird von Negativ- auf Positivplanung umgestellt. Das heißt, die Planer definieren jetzt, wo Windkraft geht, nicht mehr, wo sie nicht geht.
Allein, die Planungsregionen landes- und bundesweit sind mit ihrer Umstellung noch nicht fertig. „Wir sind uns bewusst, dass einige Planer auf die Ausweisung der Vorrang- und Vorbehaltsgebiete warten, um nicht die hohe Ersatzzahlung leisten zu müssen“, erklärte Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) am 7. März.
Um diese Ausbauhürde tiefer zu legen, legte das Landesministerium bereits im Februar, wie jetzt bekannt wurde, fest, dass auch auf Flächen, die nur in einem Entwurf der Windkraft zur Verfügung stehen, zunächst nur 25 Prozent der Abgabe fällig sind. So steht es in einem Runderlass an die Naturschutzbehörden aus dem Februar.
Stellt sich allerdings nach drei Jahren heraus, dass die Fläche doch nicht für Windkraft privilegiert wurde, sind die restlichen 75 Prozent doch fällig. Projektierer müssen also weiter mit der gesamten Abgabe kalkulieren - oder doch auf die Planungsverbände warten.
Dennoch: Entwurfsflächen schonen damit neuerdings die Liquidität von Projektierern gewaltig und, wenn sie Glück haben, ihre ganze Kostenstruktur. Das erleichtert die Vorfinanzierung.
Wie der LEE und die Grünen reagieren
Eine alte Forderung des LEE werde jetzt erfüllt, kommentiert Landesgeschäftsführerin Lubberger: „Es ist richtig, Projektierer, die vorangehen, nicht rechtlich zu bestrafen.“
Kritisch äußerte sich der energiepolitische Sprecher der Landtagsgrünen, Martin Stümpfig: „Erst vor zwei Jahren hat die Staatsregierung die Ersatzzahlungen für Eingriffe in das Landschaftsbild noch verdoppelt.“ Einzelne Windprojekte habe das um bis zu 500.000 Euro verteuert.
Wie schleppend der Ausbau trotz gesetzlicher Lockerungen noch immer vorankommt, zeigt die Ausbaustatistik auch für 2024. In Bayern wurden nur acht Windräder in Betrieb genommen - und vier abgebaut. Zum Vergleich: Im Rekordhalter-Bundesland Nordrhein-Westfalen wurden zeitgleich 730 Anlagen genehmigt und 154 Anlagen in Betrieb genommen, wie Zahlen des Marktstammdatenregisters zeigen.
Das bayerische Umweltministerium hat seinen Ersatzzahlungs-Runderlass im Windatlas-Bayern-Portal veröffentlicht. Die Fachagentur Wind und Solar hat die Ersatzzahlungs-Systematik bundesweit auf 20 Seiten zusammengefasst.
Die Regelung beruht auf dem Bundesnaturschutzgesetz. Die Kriterien und die Berechnungsformeln können allerdings in jedem Bundesland anders ausfallen. Das Geld kriegt in der Regel die Untere Landschaftsschutzbehörde, die damit anderweitig das Landschaftsbild pflegt.
Diese Ablasszahlung kann je nach „Schwere“ des landschaftlichen Eingriffs bis zu 100.000 Euro betragen, teilt der Landesverband Erneuerbare Energien (LEE) NRW auf Anfrage mit - pro Windrad, wohlgemerkt, und zusätzlich zum artenschutzrechtlichen Ausgleich. Es geht hier nur um das Landschaftsbild, das außerorts natürlich von allen Bauten irgendwie beeinträchtigt wird - Stromleitungen, Zementfabriken, Kieswerke und, und, und. Aber bei mehr als 50 Meter hohen Windenergieanlagen geht man „grundsätzlich“ von einer Beeinträchtigung aus, so die Fachagentur Wind und Solar, und heutige Typen sind bis zu 200 Meter hoch.
LEE nicht grundsätzlich dagegen, aber: zu hoch
Ausgerechnet im windkraftskeptischen Bayern gibt es seit Jahren einen Rabatt auf „Ersatzzahlungen für die Beeinträchtigung des Landschaftsbilds“, den etwa der Windenergieerlass im windkraftfreundlichen Niedersachsen nicht kennt. 75 Prozent Nachlass gibt es im Südosten, wenn Windkraftanlagen auf Flächen errichtet werden, wo sie raumordnerisch erwünscht sind. Das sind die „Vorranggebiete“ und die „Vorbehaltsgebiete“.
Der LEE Bayern begrüßt naturgemäß den Discountpreis. Er ist genauso wenig wie seine Kollegen in NRW grundsätzlich gegen die Ersatzzahlungen, aber dem bayerischen LEE sind sie sonst „grundsätzlich zu hoch“, so Landesgeschäftsführerin Ariane Lubberger auf Anfrage. Der Betrag berechnet sich im Freistaat ihr zufolge nach der Anlagenhöhe, nach der Zahl der Windräder - für Windparks gibt es Mengenrabatt - und nach dem landschaftlichen Wert der Umgebung.
Was die aktuelle Änderung in Bayern besagt
Jetzt hat der bayerische Umweltminister Thorsten Glauber (Freie Wähler) den Rabatt an eine Übergangszeit angepasst, in der die Planungsregionen bundesweit mehr Windenergieflächen ausweisen müssen. Das noch von der Ampel im Bund beschlossene Windenergiebedarfsflächengesetz will das so. Für Bayern sind das bis 2030 1,8 Prozent der Landesfläche. Außerdem wird von Negativ- auf Positivplanung umgestellt. Das heißt, die Planer definieren jetzt, wo Windkraft geht, nicht mehr, wo sie nicht geht.
Allein, die Planungsregionen landes- und bundesweit sind mit ihrer Umstellung noch nicht fertig. „Wir sind uns bewusst, dass einige Planer auf die Ausweisung der Vorrang- und Vorbehaltsgebiete warten, um nicht die hohe Ersatzzahlung leisten zu müssen“, erklärte Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) am 7. März.
Um diese Ausbauhürde tiefer zu legen, legte das Landesministerium bereits im Februar, wie jetzt bekannt wurde, fest, dass auch auf Flächen, die nur in einem Entwurf der Windkraft zur Verfügung stehen, zunächst nur 25 Prozent der Abgabe fällig sind. So steht es in einem Runderlass an die Naturschutzbehörden aus dem Februar.
Stellt sich allerdings nach drei Jahren heraus, dass die Fläche doch nicht für Windkraft privilegiert wurde, sind die restlichen 75 Prozent doch fällig. Projektierer müssen also weiter mit der gesamten Abgabe kalkulieren - oder doch auf die Planungsverbände warten.
Dennoch: Entwurfsflächen schonen damit neuerdings die Liquidität von Projektierern gewaltig und, wenn sie Glück haben, ihre ganze Kostenstruktur. Das erleichtert die Vorfinanzierung.
Wie der LEE und die Grünen reagieren
Eine alte Forderung des LEE werde jetzt erfüllt, kommentiert Landesgeschäftsführerin Lubberger: „Es ist richtig, Projektierer, die vorangehen, nicht rechtlich zu bestrafen.“
Kritisch äußerte sich der energiepolitische Sprecher der Landtagsgrünen, Martin Stümpfig: „Erst vor zwei Jahren hat die Staatsregierung die Ersatzzahlungen für Eingriffe in das Landschaftsbild noch verdoppelt.“ Einzelne Windprojekte habe das um bis zu 500.000 Euro verteuert.
Wie schleppend der Ausbau trotz gesetzlicher Lockerungen noch immer vorankommt, zeigt die Ausbaustatistik auch für 2024. In Bayern wurden nur acht Windräder in Betrieb genommen - und vier abgebaut. Zum Vergleich: Im Rekordhalter-Bundesland Nordrhein-Westfalen wurden zeitgleich 730 Anlagen genehmigt und 154 Anlagen in Betrieb genommen, wie Zahlen des Marktstammdatenregisters zeigen.
Das bayerische Umweltministerium hat seinen Ersatzzahlungs-Runderlass im Windatlas-Bayern-Portal veröffentlicht. Die Fachagentur Wind und Solar hat die Ersatzzahlungs-Systematik bundesweit auf 20 Seiten zusammengefasst.
Georg Eble und Claus-Detlef Großmann
© 2025 Energie & Management GmbH
Freitag, 07.03.2025, 16:54 Uhr
Freitag, 07.03.2025, 16:54 Uhr
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